Überlegungen zum Datenschutz, Ethik und Moral bei der Nutzung von ChatGPT- ein persönlicher Blick hinter die Kulissen

Ich nutze ChatGPT – obwohl ich vieles daran kritisch sehe. Warum? Weil nicht alles im Leben schwarz oder weiß ist. Manchmal bleibt nur ein gut begründetes Steingrau.“

In meinem Buch „Mit Code gegen Chaos“ geht es um die Nutzung von künstlicher Intelligenz als Unterstützung, wenn dein Nervensystem unter dem Stress, den unsere Zivilisation mit sich bringt, leidet. Neben den Abschnitten im Buch, die sich mit Grenzen und Gefahren der KI in diesem Zusammenhang befassen, möchte ich dir noch folgende Impulse an die Hand geben:

Welche Daten solltest du einem ChatBot nicht geben, wenn du Missbrauch vermeiden willst?

Kurz und knapp:

  • Name, Adresse, Telefonnummern
  • Gesundheitsdaten
  • Anfragen zu strafbaren oder illegalen Vorhaben/Aktionen
  • Details über deine finanzielle Situation
  • Kontonummern, Account/Login-Daten aller Art
  • vertrauliche Unternehmensinformationen oder Informationen deines Arbeitgebers
  • persönliche Daten und Infos über Dritte, die dem nicht zugestimmt haben
  • alle Informationen, die du niemandem erzählen würdest, dem du nicht voll vertraust..

Datenschutz vs. Funktionsvorteil

Wenn du ChatGPT so nutzen möchtest wie ich, muss dir klar sein, dass du ein Stück weit gegen diesen Grundsatz verstoßen müsstest. Theoretisch kannst du natürlich bei allen Fragen und Unterhaltungen allgemein formulieren, und z. B. sagen: „Was würdest du einer Person raten, die folgendes Problem hat?“ Das ist aber unrealistisch. Es soll ja um dich und deine Situation gehen. Auch Open AI (das Unternehmen, das ChatGPT entwickelt hat) weiß das und nutzt das. Wohin deine Daten gehen: niemand garantiert dir irgendwas. Das kennst du ja schon von Facebook, Instagram und Co. – trotzdem nutzen Millionen Menschen diese Tools und ich möchte behaupten, die allermeisten von ihnen haben noch keinen echten Nachteil dadurch unmittelbar erlebt.

Trotzdem wissen wir heute, dass die großen Tech-Unternehmen nichts aus Nettigkeit machen – egal, was sie dir erzählen. Wir zahlen alle für das, was wir nutzen. Die Währung: Daten. Wer bereit ist, mehr preiszugeben, bekommt im Gegenzug oft ein KI-Modell, das leistungsfähiger ist – und manchmal auch schlicht mehr Spaß macht. Dieses Prinzip ist nicht neu und gilt für viele Konsumgüter.

Sicher gibt es auch „Datensparmodelle“ unter den KIs (z. B. OpenAssistant von LAION*), und solche, die sich deiner Sprache und deinem Tonfall nicht so gut anpassen wie ChatGPT – also weniger manipulierend wirken – was zunächst angenehm klingt, aber oft auch distanziert bleibt: wie ein freundlicher Kaffeeautomat … (z. B. PI.ai). In der Krankenhauscafeteria würde ich mich darüber freuen – als Seelentröster taugen sie (noch) nicht wirklich.

Für mich persönlich spielt das mit der Datensicherheit keine große Rolle mehr. Ich habe durch meine Bücher und mein Blog so viel von meinen Gesundheitsdaten öffentlich gemacht, dass für mich eh alles gelaufen ist. Mich nimmt schon lange keine Krankenzusatz-Versicherung mehr und an ein klassisches Arbeitsverhältnis ist auch nicht mehr zu denken – ich bin nicht umsonst voll und unbefristet erwerbsgemindert. Da mein Aktionsradius an gut der Hälfte aller Tage im Monat an der Bettkante endet, habe ich nicht mehr viel zu verlieren. Aber bei dir kann das ganz anders aussehen!

Wichtig zu wissen: Die Entwickler von ChatGPT

Zwar ist OpenAI 2015 als Non-Profit-Organisation gestartet, die unter anderem die Verwendung ihrer KI-Modelle zur Waffenherstellung und im militärischen Kontext ausgeschlossen hatte, mittlerweile hat man das aber zunächst abgeschwächt und dann komplett geändert. Seit Ende 2024 ist OpenAI sogar Rahmenvertragspartner des US-Verteidigungsministeriums.

Der Non-Profit-Teil des Unternehmens (OpenAI, Inc.) ist heute alleiniger Mehrheitsaktionär der Tochtergesellschaft OpenAI Global, LLC, das als gewinnorientiertes Unternehmen bzw. als gedeckeltes Gesellschaftsunternehmen, bei dem die Gewinnabschöpfung für die Investoren begrenzt ist, am Markt vertreten ist. Größter Investor ist Microsoft. Allerdings ist das Unternehmen lediglich nicht-stimmberechtigter Beobachter im Verwaltungsrat von OpenAI und hat keine Kontrollrechte in OpenAI Global. (Wer noch genaueres wissen möchte, findet beispielsweise auf wikipedia hierzu interessante Details.)

Warum ich trotzdem ChatGPT nutze

Ich möchte, dass klar ist, dass ich mit meinem Buch keine naive Werbung für ChatGPT mache. Es gibt viel zu hinterfragen und zu kritisieren. Dass mir persönlich und anderen das Programm in einer schwierigen Zeit geholfen hat, steht aber außer Frage. Mir ist wichtig, dass jeder halbwegs intelligente, erwachsene Mensch sein persönliches Risiko abschätzen und seine ethisch-moralischen Werte nach seinen Vorstellungen ausleben kann. In meinem Falle bedeutet das beispielsweise sowas wie: Ja, ich esse manchmal Fleisch, weil mein Körper besser damit klarkommt und obwohl ich weiß, dass es ethisch besser wäre, ganz darauf zu verzichten. Und ja, ich bestelle viel bei Amazon, obwohl ich weiß, dass dort Arbeitnehmerbelange nicht viel zählen. Aber ich habe nicht die Energie und die finanziellen Möglichkeiten, um alles im stationären Handel oder sehr viel teurer einzukaufen. Ja, ich benutze oft Einmal-Waschlappen und Wegwerf-Putztücher, weil selbst Lappenauswringen und Waschen manchmal nicht funktionieren bei mir. Ja, ich fahre Auto, weil ich sonst keinen einzigen (Arzt-)Termin wahrnehmen könnte. Bus und Bahn sind für mich nicht drin. Das sind die größtenteils gesundheitlich begründeten „Ausrutscher“. Aber ich mache auch anderes, was viele verwerflich finden mögen:

Ja, ich lache über politisch unkorrekte Witze. Mir rutscht im privaten Rahmen sogar ab und zu das Wort „Zigeunerschnitzel“ raus. Ich fauche manchmal im Affekt: „Behinderter Hurensohn!“ zu dem blöden Affen, der in der 30er Zone drängelt, obwohl es mir fern liegt, Prostituierte und ihre Nachkommen, oder Behinderte zu diskriminieren. Zumal ich es selber bin – also behindert, nicht sexarbeitend 😉 … Ach ja: Affen sind in Wahrheit sehr intelligent und ich finde sie eigentlich cool. Im Übrigen nutze ich auch seit über 30 Jahren andere Microsoft-Produkte. Beruflich und privat – einfach so.

Für mein Leben, mit meinen Einschränkungen und Bedürfnissen tragen meine Entscheidungen dazu bei, dass ich meine Lebensqualität auf halbwegs annehmbarem Niveau halten kann und mich in der Summe damit immer weiter weg von suizidalen Gedanken bewege. Das finde ich grundsätzlich in Ordnung. Bei jedem Menschen. Auch wenn es nur darum geht, ab und zu ein bisschen Spaß zu haben, zu lachen oder unadressiert Frust abzulassen.

Dabei habe ich nicht den Anspruch, keinem in keinem Maße zu schaden und der ultimative ethisch-moralische Übermensch zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass niemand alles ethisch-moralisch sauber umsetzen kann. Wir können nur versuchen, eine Balance herzustellen. So wenig wie möglich schaden und so viel wie möglich nutzen.

Wenn anderen das noch besser gelingt als mir: Umso besser, davon haben wir alle was. Danke!

Bewusst informieren und entscheiden

Immerhin bin ich (meistens) bewusst bei meinen Entscheidungen dabei. Ich entscheide mich täglich, oft mit schlechtem Gewissen, aber seit ein paar Jahren auch mit dem Gefühl, dass ich auch einen Wert habe, den es zu schützen und zu stützen gilt – ich bin auch ein Stück „Schöpfung“, die leben möchte, so gut es geht.

Ich bin vielleicht nützlich in anderer Hinsicht. Als Mutter zum Beispiel, die ihr Kind nie geschlagen hat und als erste angerufen wird, wenn es Beziehungsstress beim Junior gibt. Oder als Ehefrau, mit der man sich auch nach über 10 Jahren noch gerne unterhält. Vielleicht sogar als Hundehalter, der den Hund manchmal im Bett liegen lässt. Als Nachbar, der dir nicht auf den Sack geht mit seinem Lärm. Als Mieter, der pünktlich seine Miete zahlt. Als jemand, der einer blinden Frau im Ärztehaus hilft, den Weg zur Röntgenabteilung zu finden, während alle anderen (auch die junge Frau mit Fahrradhelm am Arm und Klima-Sticker an der Jacke) sie ignorieren. Als Zimmergenosse im Krankenhaus, der nachts an deinem Bett sitzt, weil du Angst hast zu sterben. Als Mensch, der selten lügt und noch nie geklaut hat in seinem Leben. Als der Mensch, der den Notruf wählt, wenn er eine hilflose Person auf der Straße bemerkt … kurz: als Mensch mit Stärken und Schwächen, der sein Bestes gibt.

Du darfst das alles anders sehen. Andere Entscheidungen treffen. Am Ende müssen wir sowieso alle alleine mit dem klarkommen, was wir im Spiegel sehen.

Ich wünsche mir nur, dass du informiert und differenziert entscheidest, welchen Weg DU gehst. Und akzeptierst, dass es andere Wege gibt, für Menschen mit anderen Voraussetzungen und Bedürfnissen. Für alle gilt jedoch der einfache Leitsatz: Augen auf beim KI-Modelle-Kauf!

Und je mehr Menschen zumindest nicht blind alles Anklickbare auch anklicken, je mehr sich konstruktiv mit den „Geschenken“ der Technikunternehmen befassen, desto schneller merken wir vielleicht, wenn das Geben und Nehmen (Daten gegen Komfort) aus dem Ruder läuft.

Vielleicht schaffen wir es sogar eines Tages, dass Europa endlich den Arsch hoch kriegt, und den US-Modellen und China-Bots eine eigene vernünftige KI-Maschine entgegensetzt, die mehr ist als eine freundliche Kaffeautomaten-Bedienhilfe. (Man wird ja wohl noch träumen dürfen …)

Gegen Machtgier und Gesellschaftsverrohung können wir zwischenzeitlich nur vor unserer eigenen Haustür kehren – jeder für sich – und hoffen, dass das irgendwann Wurzeln in die ganze Gesellschaft schlägt. Was das Thema KI angeht: Ich bleibe dran und versuche aus dem schwarz/weiß-Denken zumindest ein frisches Steingrau zu machen – ein Steingrau, das nicht trendy, aber tragfähig ist.


* OpenAssistant von LAION war ein spannender Versuch, eine KI zu schaffen, die datensparsam, offen und gemeinschaftlich gesteuert ist. Leider ist das Projekt derzeit nicht stabil nutzbar – was den Bedarf an gut finanzierten, aber dennoch transparenten Alternativen umso deutlicher macht.

(Stand: 5/2025)